Jahresempfang der Wirtschaft

„Will man nur nicht verlieren oder will man gewinnen?“ – Wirtschaftsminister Habeck zu Besuch in Mainz

Mehrere tausend Gäste aus Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und Kultur waren am Donnerstag, 25. Januar, zum „Jahresempfang der Wirtschaft“ mit Vizekanzler und Bundeswirtschaftsminister Dr. Robert Habeck in die ausgebuchte Mainzer Rheingoldhalle gekommen. 15 Kammern und Institutionen des Mittelstands, darunter die Ingenieurkammer Rheinland- Pfalz, hatten zum Mainzer Großereignis eingeladen. Der Empfang gilt als größte Veranstaltung der regionalen Wirtschaft in Deutschland – und als Plattform für den Dialog mit Entscheidern aus Bundes- und Landespolitik.

Habeck: Will man nur nicht verlieren oder will man gewinnen?

Nie zuvor sorgte ein Gast des Jahresempfangs für so viel Aufsehen wie Wirtschaftsminister Habeck in diesem Jahr. Bereits Stunden vor seiner Ankunft versammelten sich zahlreiche Landwirte mit ihren Schleppern und Traktoren im Konvoi vor der Mainzer Rheingoldhalle, um ihrem Unmut über die Politik Luft zu machen. Im Detail äußerte sich der Wirtschaftsminister zu den Konflikten und dem Frust im Land nicht. Er ging in seiner Rede weder auf die ständig steigenden Energiepreise – noch auf den Protest der Landwirte ein. Dennoch gelang es Habeck mit einer anderweitig starken Keynote, die zunächst reservierte Stimmung in der voll besetzten Halle zu drehen.

Der Wirtschaftsminister nutzte den Sport, explizit die Niederlage der deutschen Handballer gegen Kroatien am Vorabend der Veranstaltung, um auf eine wichtige Mentalitätsfrage einzugehen: „Will man nur nicht verlieren oder will man gewinnen? Das ist die Frage, die über diesem Land hängt“, so Habeck und spielte damit auf politische Wahlen an: „Wählen wir die, die aus lauter Angst, Fehler zu machen, nichts getan haben – oder die, die mit mutigen Schritten und allen Konsequenzen und Risiken vorangehen?“

Deutschlands Stärken seien Kooperationsfähigkeit, Weltoffenheit und Kompromissbereitschaft. Der Minister bezeichnete Rheinland-Pfalz als ein besonders gastfreundliches Bundesland, das ökonomisch betrachtet über dem deutschen Exportdurchschnitt liege. Das sei auch dem Verdienst jener Menschen geschuldet, die mit Migrationshintergrund gerne in Deutschland leben. „Dexit“ und „Remigration“ seien das Letzte, „was wir brauchen“, konstatierte Habeck entschieden mit Blick auf jüngst bekannt gewordene Deportationspläne rechtsextremer Kreise. Der Wirtschaftsminister beendete seine Rede, indem er Deutschland dazu ermutigte, auf die eigenen Stärken zu vertrauen. Man solle nicht zu zaghaft und zögerlich sein, wichtige Entscheidungen schnell zu treffen, sondern daran glauben, auch einmal „das Unmögliche möglich zu machen“, resümierte er.

Podiumsdiskussion: Überflüssige Bürokratie als Hauptproblem

Auch Ministerpräsidentin Malu Dryer wurde in der Talkrunde mit den Präsidenten der HWK Rheinhessen, der Wirtschaftsprüferkammer RLP sowie der Landeszahnärztekammer auf der Bühne mit den Problemen konfrontiert: „Ich bin jetzt 20 Jahre dabei, und ich habe das Gefühl: Es hört mir keiner zu“, sagte der Präsident der Handwerkskammer Rheinhessen, Hans-Jörg Friese. Noch nie hätten ihn so viele Handwerker vor dem Jahresempfang angesprochen, und von ihren Problemen berichtet. Ein Hauptproblem sei die oft überflüssige Bürokratie im Land. „Der Frust ist groß, und er steigt immer mehr an“, klagte Friese – und bekam dafür rauschenden Beifall vom Publikum.

Ministerpräsidentin Dreyer reagierte direkt und versicherte, die Landesregierung sei „mit allen intensiv im Gespräch“. „Wir nehmen das auch Ernst, auch in ihrer Beschwerdeführung,“ führte die Ministerpräsidentin weiter aus und räumte ein: Deutschland sei zu kompliziert gestrickt, „wir müssen einfacher werden“ – Ansätze zu Lösungen nannte sie nicht.

Der Jahresempfang der Wirtschaft in Mainz ist der größte Neujahrsempfang der regionalen Wirtschaft in Deutschland. Nirgendwo sonst treten so viele landesweite und regionale Wirtschaftsinstitutionen mit einer gemeinsamen Veranstaltung an die Öffentlichkeit wie die 15 beteiligten Kammern aus Rheinland-Pfalz. Zusammen vertreten sie über 100.000 Unternehmen mit mehr als 400.000 Beschäftigten.

Gruppenbild der Präsidenten und Geschäftsführer mit Vizekanzler und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck sowie Ministerpräsidentin Malu Dreyer.
Gastredner Robert Habeck überzeugte mit seiner Keynote.
V. l.: Günter Jertz (Hauptgeschäftsführer IHK Rheinhessen), Martin Böhme (Geschäftsführer Ingenieurkammer RLP), Dr.-Ing. Horst Lenz (Präsident Ingenieurkammer RLP) und Dr. Marcus Walden (Präsident IHK Rheinhessen).
V. l.: Martin Böhme (Geschäftsführer Ingenieurkammer RLP), Joachim Rind (Präsident Architektenkammer RLP), Dr.-Ing. Horst Lenz (Präsident Ingenieurkammer RLP), Peter Stahl (Präsident Landesapothekerkammer RLP) und Malu Dreyer (Ministerpräsidentin RLP).

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