Gebäudetyp-E-Gesetz auf den Weg gebracht

Bild: Bundesingenieurkammer

Planen und Bauen geschieht heute in einem Dickicht von Richtlinien, Normen und privatrechtlichen Anforderungen. Schallschutz, Brandschutz, Klimaschutz: Über 3900 Normen verteuern den Bau von Häusern und Wohnungen. Noch komplizierter wird die Situation in der Branche durch steigende Bau- und Bodenpreise, gefolgt von Material- und Fachkräftemangel. Um der Krise entgegenzuwirken und den Wohnungsbau anzukurbeln, hat das Bundesjustizministerium den Referentenentwurf zur „zivilrechtlichen Erleichterung des Gebäudebaus“ in die Ressortabstimmung gegeben. Das sogenannte „Gebäudetyp-E-Gesetz“ könnte im Frühjahr 2025 in Kraft treten.

Mit dem Gebäudetyp-E-Gesetz soll es einfacher werden, beim Neubau auf die Einhaltung bestimmter Komfort-Standards zu verzichten, die für die Sicherheit des Gebäudes - also etwa Brandschutz oder Statik - irrelevant sind. Das kann etwa die Raumhöhe betreffen, die Zahl der Steckdosen im Wohnzimmer, die Art der Fenster oder die Frage, welche Norm-Innentemperatur in einem Badezimmer erreicht wird.

„E“ für einfach und experimentell

Das „E“ steht für einfach und experimentell. Mit der neuen Gebäudeklasse soll das Bauen kostengünstiger und flexibler werden, ohne dabei an Qualität einbüßen zu müssen.

„Mit dem Gebäudetyp-E-Gesetz könnten die planenden Berufe auch die notwendigen rechtlichen Gestaltungsspielräume erhalten, um mit ihren Kernkompetenzen das Bauen schneller und kostengünstiger zu ermöglichen. Unsere Ingenieurinnen und Ingenieure sind dafür ausgebildet, qualifiziert und erfahren, ihren Auftraggeberinnen und Auftraggebern die jeweils individuell optimalen Lösungen zu erarbeiten. Das Gebäudetyp-E-Gesetz, für das sich die Bundesingenieurkammer eingesetzt hat, wäre ein wichtiger Baustein, um aus dem Müssen wieder mehr ein Können werden zu lassen.“ Dr. Heinrich Bökamp, Präsident der Bundesingenieurkammer.

Gebäudetyp E vorerst für sachkundige Bauherren

Künftig soll in Bauverträgen (Gebäude und Außenanlagen) zwischen fachkundigen Unternehmen die bisherige Aufklärungspflicht entfallen, wenn eine Beschaffenheitsvereinbarung vorliegt, die für das Bauwerk die Abweichungen entsprechend verbindlich und konkret beschreibt. Zusätzlich soll das Abweichen von den anerkannten Regeln der Technik nicht mehr grundsätzlich einen Sachmangel darstellen, sofern Sicherheit und Gebrauchstauglichkeit gewährleistet bleiben, die Gleichwertigkeit der Ausführung gewährleistet ist und vor Ausführung über die Abweichung informiert wird. Die Schutzrechte für Verbraucher und nicht fachkundige Unternehmer sollen unverändert gelten.

Durch eine neue Vermutungsregel sollen künftig nur noch sicherheitsrelevante Bestimmungen zu den anerkannten Regeln der Technik gehören, hingegen Komfort- und Ausstattungsmerkmale nicht mehr.

Abstimmung zwischen Bauherr und Planer essenziell

So steht zu Beginn eines „E“-Projekts eine sorgfältige, gemeinsame Abstimmung zwischen Planer und Bauherr zu den Zielen und Qualitäten im Fokus. Die Ziele können dabei frei vereinbart werden, sich aber an gängigen Standards orientieren. Eine entsprechende Aufstellung macht die Eigenschaften des Gebäudes dauerhaft transparent. Durch eine sichtbare Kennzeichnung des neuen Gebäudetyps “E“ wird den Verbrauchern angezeigt, dass es sich um ein Gebäude handelt, dass ggf. von gängigen Standards abweicht, ohne dabei aber die Schutzziele der Bauordnung zu missachten. Die Abweichungen können Nutzern gegenüber benannt und erläutert werden.

Zusätzlich ist es möglich mit einem reduzierten Regelwerk zu arbeiten, das es Bauherren und Planern ermöglicht, Standards und Materialien so aufeinander anzupassen, dass sinnvolle und nachhaltige Gebäude zu einem günstigeren Preis entstehen. Zum Nachhaltigkeitsaspekt gehört neben der gemeinsamen Zielbestimmung auch eine ideale Abstimmung auf die individuellen Nutzerbedürfnisse.

Planerkammern begrüßen neuen Planungsweg

Mit Hochdruck hatten die Kammern der planenden Berufe an der Umsetzung des Gebäudetyp-E gearbeitet. Am 17. Mai 2024 fand erneut ein Treffen von Bundesarchitektenkammer und Bundesingenieurkammer mit dem Bundesminister der Justiz, Dr. Marco Buschmann MdB (FDP), statt. Dabei unterstrichen die Planerkammern noch einmal, dass der Anpassung des Zivilrechts eine entscheidende Rolle zufalle, damit die Idee des einfachen Bauens in der Praxis zum Tragen kommen kann.

Am 21. Mai hat Minister Buschmann öffentlich diese Sichtweise bekräftigt: „Es geht um das Bauvertragsrecht. Wir wollen es einfacher machen, auf Komfortstandards rechtssicher zu verzichten – wenn die Beteiligten eines Bauprojekts dies wollen. So können Baukosten gesenkt werden. Sicherheitsstandards müssen natürlich weiterhin eingehalten werden, zum Beispiel Vorschriften über Standsicherheit oder Brandschutz. […] Gutes Wohnen hängt nicht davon ab, dass jede DIN-Norm eingehalten wird.“

Durch den Gebäudetyp „E“ entstehen keine Unsicherheiten, da das bestehende System nicht verändert wird. Es wird ein zusätzlicher Planungsweg hinzugefügt, der in einen neuen Raum von Möglichkeiten führt.

Quellen: Bundesingenieurkammer, Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen, Deutsches Architektenblatt

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