Hintergrund:
Die Europäische Kommission bemängelt die zu starke Reglementierung der Freien Berufe in Deutschland. Konkret würde u. a. die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) das Wirtschaftswachstum behindern und ausländischen Anbietern den Marktzutritt in Deutschland erschweren.
Die EU-Kommission hat daher am 18.06.2015 unter Androhung einer Klage die Bundesrepublik aufgefordert, das geltende Mindesthonorarsystem für Steuerberater, Architekten und Ingenieure abzuschaffen, weil dieses gegen die Dienstleistungsrichtlinie verstoße. Wegen unverhältnismäßiger und nicht gerechtfertigter Hindernisse im Bereich der freiberuflichen Dienstleistungen wurde ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet. Die Bundesregierung ist nun aufgefordert, innerhalb von zwei Monaten zum Vorwurf der EU-Kommission Stellung zu nehmen.
Beanstandet werden damit nicht nur die verbindlichen Mindestpreisregelungen der HOAI, sondern auch Regelungen die bestimmen, dass Stimmrechte und das Kapital an einer Gesellschaft nur von Berufsangehörigen gehalten werden können.
Die Kammer spricht Klartext:
Die HOAI ist ein bewährtes System, welches sowohl dem Ingenieur als auch dem Verbraucher dient. Es ist mit EU-Recht vereinbar, denn im Zuge der letzten Novellierungen von 2009 und 2013 wurde die europarechtliche Konformität nachgewiesen und die Kommission darüber in Kenntnis gesetzt.
Die Produkte und Dienstleistungen unseres Landes sind Ausdruck unserer hohen Qualitätsstandards „Made in Germany“, die maßgeblich zur Wirtschaftskraft Deutschlands beitragen. Die Sicherung dieser Standards im Hinblick auf Qualität, Verbraucherschutz und Vertrauen erfolgt über die bewährten Regelungen des Berufszugangs und der Berufsausübung. Dazu gehört auch die HOAI. Für den Erhalt dieses bewährten Vergütungssystems sprechen vor allem folgende Gründe:
Zusammenfassung
Die Abschaffung der HOAI führt zwangsläufig zu einem Preiskampf, der auf der einen Seite der deutschen Wirtschaft im Hinblick auf den Erhalt von kleinen und mittelständischen Unternehmen schadet und auf der anderen Seite qualitative Einbußen, finanzielle Schäden, Vertrauensbrüche und gerichtliche Auseinandersetzungen bei privaten oder öffentlichen Auftraggebern verursacht. Unter Berücksichtigung angemessener Gehälter wird eine Abschaffung der HOAI die Planungskosten um mindestens 30 bis 40 Prozent verteuern.
Die Ingenieurkammer Rheinland-Pfalz setzt sich seit jeher in politischen Gesprächen mit der Landesregierung, den Ministerien und politischen Parteien für das bestehende Vergütungssystem der geltenden Honorarordnung ein. Die HOAI bietet viele Vorteile für alle am Bau Beteiligten und sorgt dafür, dass auch künftig qualitativ hochwertige Leistungen zu bezahlbaren Preisen erbracht werden können.
Auch auf Bundesebene arbeiten Vertreter der Bundesingenieurkammer, der Bundesarchitektenkammer und des „Ausschusses der Verbände und Kammern der Ingenieure und Architekten für die Honorarordnung e.V.“ (AHO) zusammen, um die HOAI zu erhalten.
Dr.-Ing. Horst Lenz
Präsident
[1] Vgl. Hans Lechner: „Für die Auftraggeber ist die HOAI ein dauerhaft kostensenkendes Werkzeug“, in: Deutsches Ingenieurblatt, Ausg. 01-02/2012, S. 34ff.
Mainz, 23. Juli 2015